DELPHINE
TANZEN LASSEN

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LEB DIE LEBEN, LEB SIE ALLE

Sehr geehrte Damen und Herren,

dieses Vorwort beginnt mit einem herzlichen Dankeschön an Sie: 44.000 Zuschauer:innen haben in der vergangenen Saison das Theater in Kempten besucht. Ein neuer Rekord. Das Stück mit der größten Vorstellungsanzahl hat sich mit einem schwierigen und schmerzhaften Thema beschäftigt, mit sexueller Gewalt an Kindern und den Folgen für die Betroffenen, gespielt und getanzt von Corinne Steudler. 24-mal konnten wir TANZ DER WUT ausverkauft spielen. Für uns ein eindrucksvoller Beleg für die wache Offenheit und Menschlichkeit des Kemptener Publikums. Wir danken Ihnen.

Für die neue Saison werden sich viele von Ihnen fragen, wie geht es weiter mit der Meisterkonzertreihe? Zuerst sei gesagt: Es gibt sie natürlich weiterhin und Sie werden viele Künstler:innen wieder sehen und hören, die zu Herrn Dr. Trögers Kreis gehört haben. Durch die Pandemie ist die klassische Musikszene in Bewegung gekommen, eine Reihe von neuen Formaten wurde erfunden, alte Formate wurden neu aufgelegt. Und so erleben Sie in der kommenden Spielzeit eine große Vielfalt der Präsentationsformen: Neben ganz „klassischen“ klassischen Konzerten stehen nun auch Crossover-Projekte wie das moderierte Video-Vivaldi-Konzert der Sinfonietta Köln oder das Virtual-RealityBrillen-Konzert des Staatstheaters Augsburg. Das Repertoire wird außerdem erweitert durch Gesang, etwa beim Camerata Aurea-Quartett aus Wien, wo Sie Tristan Schulzes Neuvertonungen von Wilhelm-Busch-Gedichten und Auszüge aus der Oper Carmen hören. Oder bei der Kammeroper München, die zum ersten Mal in Kempten gastiert mit Mozarts DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL. Für Tschaikowsky-Liebhaber gibt es die Biografie des Komponisten als Tanzabend, choreografiert von Anna Vita. Ein Höhepunkt der Meisterkonzertreihe findet gleich zu Beginn der Saison statt: Das Theater in Kempten zeigt als Musiktheater-Uraufführung in der Vertonung von Christoph Weinhart DAS VERRÄTERISCHE HERZ nach Edgar Allan Poe. Der mehrfach als Opernregisseur des Jahres nominierte Jochen Biganzoli hat in Verbindung mit dem elektronischen Komponisten Christopher Scheuer einen sehr eigenen, spannenden Zugang zu dem Werk geschaffen, es singt und spielt Stephanie Marin.

Zwei weitere musikalische Produktionen prägen die Reihe der Eigenproduktionen: EWIG JUNG, eine musikalische Komödie mit Hits und Schlagern der letzten 40 Jahre, schildert vergnüglich die verjüngende Kraft der Musik. Und als große Ensembleproduktion sehen Sie Ibsens PEER GYNT mit der Musik von Edward Grieg unter der musikalischen Leitung von Nataliya Tkachenko und mit Sebastian Strehler in der Titelrolle. In beiden Produktionen werden Sie zum ersten Mal den vor einem Jahr gegründeten T:K-Theaterchor hören.

Zu unserer großen Freude konnten wir Crescentia Dünßer für ein weiteres Projekt gewinnen. Sie setzt ihre Allgäu-Recherche fort und erforscht nun die Bedingungen von Frauenleben im Allgäu. HEIMAT. MYTHOS. FRAU. heißt das neue Projekt, in welchem sich die Schauspielerinnen Lara Waldow, Julia Jaschke, Lisa Wildmann und Nadine Viktor auf die Reise ins Allgäuer-Frausein machen.

Und natürlich dürfen auch die Wiederaufnahmen liebgewonnener Stücke im Repertoire nicht fehlen. So zeigen wir noch einmal auf vielfachen Wunsch Hans Piesbergen als DAVID BOWIE. Roman Just wird den Monolog SIMPEL über unseren Umgang mit geistig behinderten Menschen nun auch im Abendprogramm spielen. Wegen ihrer politischen Aktualität spielen wir außerdem MALALA – MÄDCHEN MIT BUCH, DSCHIHAD ONE-WAY, TRAUMJOBS und NO PLANET B. An Weihnachten gibt es eine Wiederbegegnung mit der Erfolgsinszenierung von AN DER ARCHE UM ACHT in teilweise neuer Besetzung und zum Ende der Spielzeit steigt noch einmal die Göttin der Mode persönlich zu uns herab. Bei Reischmann Fashion wird Ihnen Julia Jaschke als COCO CHANEL noch einmal alles über Stil, Eros und den sogenannten „guten Geschmack“ der besseren Gesellschaft erzählen.

AkusT:K-Kurator Michael Schönmetzer hat sehr interessante Konzerte für Sie zusammengestellt: Darunter neue Herzensmusik seiner Band RAINER VON VIELEN, das Allgäuer Liedermacherinnen-Duo VIVID CURLS, Polit-Satire-Kabarett mit den WELLBRÜDERN AUS’M BIERMOOS und TATORTSchauspieler ULRICH TUKUR mit seiner Jazz-Swing-Band, den RHYTHMUS BOYS.

Besonders spannend sind unsere Sonderformate, wie etwa eine eigens für Kempten entwickelte Impro-Show in Zusammenarbeit mit einer künstlichen Intelligenz. Oder die Landsberg-Filme von Leo Hiemer. Oder das neue Klassenzimmerstück RÄUBERLEITER, eine Uraufführung über eine Jugendfreundschaft im Allgäu, die schließlich zur Gründung der Band Rainer von Vielen führt. Und schließlich: Autor und Schauspieler Ernst Konarek hat aus aktuellem Anlass die Lesereihe ERZÄHL MIR VOM KRIEG entworfen. An drei verschiedenen Abenden hören Sie, was die Dichter Karl Kraus, Bertolt Brecht und Jura Soyfer zum Krieg zu sagen haben.

Und natürlich bieten wir Theater für Kinder und Familien. Denn ihnen gilt nach wie vor unser besonderes Augenmerk.

„Leb die Leben, leb sie alle“ ist die erste Zeile eines gleichnamigen Gedichtes des Lyrikers Paul Celan. Als Kind einer jüdischen Familie, geboren 1920, prägte der Holocaust seine Biografie. Bei allen Veränderungen, denen wir ausgesetzt sind, so scheint er sagen zu wollen – bei allen Bedrängungen und Erschütterungen gibt es einen Kern, der unveränderlich, unzerstörbar ist. Diese Resilienz, die von Celan hier beschrieben wird, wünschen wir uns allen.

Ihre Silvia Armbruster und Thomas Siedersberger

“Leb die Leben, leb sie alle“ wurde vom Fotografen Mark Noormann gemeinsam mit Mitarbeiter:innen und Ensemblemitgliedern im Foyer des Stadttheaters umgesetzt. Spiegelungen, Brechungen, Überblendungen sind seine Interpretation von Celans Gedicht. Die Fotos finden Sie im Jahrbuch sowie auf einigen Seiten dieser Webseite.